Ausschnitt aus einem Interview mit dem Biologen Bernd-Ulrich Rudolph des Lebensministerium Bayern


Über was forschen sie in ihrem Beruf?

 

Ich bin Biologe in der Naturschutzabteilung tätig. Ich leite hier sowohl die Vogelschutzwarte als auch das Referat Arten- und Lebensraumschutz. Unsere Hauptaufgaben sind die Erarbeitung von Schutzvorschlägen und Konzepten für seltene (vom Aussterben bedrohte oder stark gefährdete) Tierarten, die Beantwortung von Fachfragen für andere Behörden und das bayerische Umweltministerium, die Umweltbeobachtung (z. B. Bestandsentwicklung von Tieren und Pflanzenarten), die Koordinierung von Schutzmaßnahmen für Moore (Wiedervernässung), die Entwicklung von Biotopkonzepten und vieles mehr.

 


In welcher der genanten Zeiten, war das Artensterben am größten?

 

Wann das Artensterben am größten war, ist schwer zu sagen und ein wenig spekulativ. Man liest oft, dass das Verschwinden der Saurier vor 70 Mio Jahren so eine Zeit war, doch war niemand dabei und es war ein Prozess, der viele Millionen Jahre gedauert hat. Auch damals gab es sicherlich Rückzugsräume auf der Erde, die noch eine lange Zeit bestimmten Arten zur Verfügung standen. Viele Artengruppen wie die Krokodile, Schlangen oder Schildkröten haben ja auch überlebt, nach den Sauriern kam die große Zeit der Entfaltung der Säugetiere und Vögel. Jede großräumige Klimaveränderung - von denen es im Lauf der Erdgeschichte viele gab, z. B. in Europa mindestens vier Eiszeiten und darauf folgende Warmzeiten in den letzten 2 Mio Jahren - haben zu gigantischen Veränderungen in der Artenzusammensetzung geführt. Aber natürlich nicht überall auf der Welt und gleichzeitig. Daher würde ich auch nicht so pauschal davon sprechen. Man muss sich nur vorstellen, wie Europa vor 20000 Jahren ausgesehen hat: wo heute Wälder und Seen in vielen Ländern sind, war halb Europa von Eis bedeckt, im Rest war großteils Tundra wie jetzt in Nordskandinavien. Also völlig andere Landschaften mit völlig anderen Arten. Ein großer Teil der vorher dagewesenen Arten ist sicherlich verschwunden, weil er dem kalten Klima nicht ausweichen konnte. Kaum 15.000 Jahre später war wieder alles anders, es wurde warm und Bäume konnten wieder in fast ganz Europa wachsen, dafür sind viele der Kälte verträglichen Arten verschwunden.

 

 

Denken Sie,  dass das Artensterben noch Auswirkungen auf heutige Zeit
hat?

 

Das frühere Artensterben hat sicherlich keine Auswirkungen mehr auf die heutige Zeit. Arten sind aber schon immer ausgestorben und auch neu entstanden, gerade in Europa nach der letzten Eiszeit haben sich etliche Arten neu gebildet, andere sind verschwunden oder haben sich in kleine Rückzugsgebiete zurückgezogen.

 

 

Wann kommt Ihrer Meinung nach das nächste Artensterben in der Zukunft?

 

In die Zukunft kann ich nicht blicken. Sicher erscheint nur, dass heutzutage der Mensch sehr großen Einfluss auf die Arten nimmt (durch Jagd, die Zerstörung oder Vergiftung von Lebensräumen oder der Luft bzw. des Wassers). Da die schädlichen Einflüsse mehr und nicht weniger werden, werden wir in den nächsten Jahrzehnten sicherlich noch das Aussterben vieler Arten oder zumindest das Verschwinden bis auf sehr kleine Reste erleben. Der menschengemachte Klimawandel ist ja in vollem Gange, was zu starken Veränderungen der Lebensgemeinschaften auf großem Raum führen wird - vielleicht in den nächsten Jahrzehnten bis Jahrhunderten.
Aber es wird auch unabhängig vom Menschen weiterhin zu Veränderungen des Klimas durch natürliche Faktoren kommen, so häufig, wie Eiszeiten bei uns in den letzten 2-3 Mio Jahren waren, werden sie vielleicht auch in den nächsten wieder sein.

 

 

Warum ist es wichtig, dass heute die Menschen darüber noch informiert
werden sollten?

 

Ich denke, dass es immer wieder wichtig ist, sich diese Veränderungen bewusst zu machen und darüber zu informieren, weil wir Menschen mit unserem kurzen Leben uns diese Zeiträume und die gravierenden Auswirkungen ja nicht wirklich vorstellen können, selbst wenn wir nur über 10-20000 Jahre nachdenken. Aber wir nehmen Einfluss auf die Umwelt in einem Maße, dass es diese Zeiträume locker übertrifft, z. B. mit der Entwicklung und Verbreitung von Radioaktivität, die teilweise noch in einer Mio Jahre gefährlich ist.
Oder die Menschheit nimmt direkten Einfluss auf Arten und bringt sie zum Aussterben - die Auerochsen sind in Europa ausgestorben, die Wandertaube durch Jagd Anfang des 20. Jahrhunderts in Nordamerika, Tiger, Nashörner, Orang Utans etc. sind extrem gefährdet durch Wilderei und Jagd und werden wohl auch über kurz oder lang verschwinden. In Deutschland sind Bär, Wolf, Luchs, Geier, Nerz, usw. ausgestorben und teilweise erst vor wenigen Jahren wieder eingewandert (Wolf) oder durch Wiederansiedlung (Luchs) heimisch geworden. Der Grund war immer die Verfolgung durch den Menschen.

 

Ein Projekt von Ruth Jacobs

Schülerin des Evangelischen

Schulzentrum Leipzig

                 Evang. Schulzentrum Leipzig